Archiv für den Tag: 18. April 2016

Weser Kurier 18.04.

Linnert lässt Sportamt-Besetzer gewähren

Weser Kurier / Jürgen Theiner 18.04.2016

„Sanierungsbedürftiges früheres Behördengebäude in reizvoller Lage direkt an der Weser. Wohnnutzung verboten, aber vorhanden.“ So könnte eine fiktive Immobilienanzeige für das alte Sportamt auf dem Peterswerder aussehen.

Altes Sportamt, Besetztes Haus in Bremen, nahe des Weser-Stadions © Jonas Kako

Das alte Sportamt in der Pauliner Marsch – seit Monaten ist es besetzt. (Jonas Kako)

Es gehört der Stadt, wird aber seit Ostern 2015 von einer Gruppe junger Leute aus dem linksalternativen Spektrum besetzt gehalten. Bei den städtischen Liegenschaftsverwaltern von Immobilien Bremen (IB) sorgt dieser Zustand zunehmend für Verdruss. Offen zu sagen traut sich das allerdings niemand, denn die Zuständigkeit für den Fall liegt nicht mehr bei IB. Das Finanzressort des Senats hat das Thema an sich gezogen. Senatorin Karoline Linnert (Grüne) strebt eine Verständigung mit den Besetzern an – behördeninterne Kritiker sagen dagegen: Sie sitzt die Sache aus und toleriert offenen Rechtsbruch.

Angefangen hatte alles recht friedlich im Jahr 2011. Damals zog ein Verein namens „Klapstul“ in das leer stehende alte Sportamt ein und begann, dort ein linksalternativ geprägtes Stadtteilkultur-Programm mit Konzerten, Info-Veranstaltungen, Theatergruppen und Café aufzuziehen. Das Ganze auf der Basis befristeter Nutzungsverträge für die Sommermonate, denn im Winter gilt das Gelände in der Pauliner Marsch als potenzielles Überschwemmungsgebiet. Für die „Klapstul“-Aktivisten war diese Aneinanderreihung jederzeit kündbarer Zwischennutzungen jedoch auf die Dauer unbefriedigend. Als dann im Frühjahr 2015 das Gerücht aufkam, die Stadt wolle die Immobilie als Sportgerätelager an Werder Bremen vermieten, entschlossen sich die Linksalternativen zu handeln. Sie erklärten das alte Sportamt für besetzt. „Wir sind bereit, die genauen Bedingungen einer langfristigen Nutzung zu verhandeln, werden das alte Sportamt jedoch nicht freiwillig verlassen“, hieß es Anfang April 2015 in einer Erklärung.

Verständnis für die Besetzer

An dieser Ausgangslage hat sich seit einem Jahr im Grunde nichts geändert. Im Spätsommer 2015 setzte Karoline Linnert persönlich zu einem Vermittlungsversuch an, der eindrucksvoll inszeniert war, aus Sicht behördeninterner Kritiker aber eine überzogene Aufwertung der Sportamts-Besetzer darstellte. Die Finanzsenatorin, drei Staatsräte verschiedener Ressorts (von denen zwei aus dem Urlaub zu dem Termin beordert wurden) und ein Reigen weiterer hochrangiger Behördenmitarbeiter wurden für ein Sondierungsgespräch mit den Besetzern zusammengetrommelt. An das Treffen erinnert sich einer der Teilnehmer mit großem Unbehagen: „Die andere Seite erschien eine halbe Stunde zu spät mit drei Leuten, die sich noch nicht einmal vorstellten. Das war unter aller Kanone. Einfach respektlos.“ Linnert habe gleichwohl großes Verständnis für die soziokulturellen Anliegen der Sportamtsbesetzer bekundet und Kompromissbereitschaft signalisiert. „Allerdings hat auch Frau Linnert keinen Zweifel daran gelassen, dass eine dauerhafte Nutzung des alten Sportamtes ausgeschlossen ist“, sagt der Mitarbeiter der Finanzbehörde, der anonym bleiben möchte. Unter anderem sei angeregt worden, die „Klapstul“-Leute könnten in andere leer stehende städtische Liegenschaften umziehen. Zwei Nachfolgetermine im Herbst brachten allerdings in diesem Punkt keine Verständigung.

Warum, liegt für die Besetzer auf der Hand. Die angebotenen Alternativen, unter anderem in Bremen-Nord und Blockdiek, seien für die angestrebte Nutzung in keiner Weise geeignet gewesen. „Hier auf dem Peterswerder haben wir gute Bedingungen für unsere Arbeit und übrigens auch viel positives Feedback von ganz normalen Spaziergängern, die hier bei uns vorbeikommen“, sagt eine „Klapstul“-Aktivistin. Sie betont: „Unser Projekt ist öffentlich, jeder kann teilnehmen.“ Beim alten Sportamt handele es sich um Eigentum der Allgemeinheit, „und das geben wir den Menschen mit unserem Projekt zurück“. Dass es dafür keine formale Rechtsgrundlage gebe – nun ja, das sei nun einmal so.

„Verstoß gegen das Baurecht“

Für die behördeninternen Kritiker aus Finanzressort und IB ist dies allerdings kein untergeordneter Aspekt, sondern der entscheidende Haken an der Sache. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen“, findet ein Funktionsträger aus Linnerts Behörde. „Einem normalen Bürger würde eine solche Gebäudenutzung im Deichvorland niemals zugestanden. Das ist ein Verstoß gegen das Baurecht, der bewusst hingenommen wird.“ Auch Haftungsfragen seien völlig ungeklärt. Wer komme für Schäden auf, wenn auf dem Gelände etwas passiere? „Ich finde das unglaublich“, ereifert sich der Behördenmitarbeiter. Normalerweise hätte aus seiner Sicht längst Strafanzeige gegen die Besetzer gestellt werden müssen.

Doch hässliche Bilder von einer polizeilichen Räumung des Geländes sind das Letzte, was man im Finanzressort möchte. Zwar bedauert Sprecherin Dagmar Bleiker, dass die Sportamts-Besetzer keines der angebotenen alternativen Objekte annehmbar fanden, doch man sei man weiterhin an einem Dialog interessiert. „Wir möchten gern eine einvernehmliche Lösung“, sagt Bleiker. Wie die aussehen könne, darüber werde weiter beraten.

Aktionstraining „ENDE GELÄNDE“

endeENDE GELÄNDE! // KOHLE STOPPEN, KLIMA SCHÜTZEN

Im Training werden wir die Kernelemente einer Blockade vermitteln und einüben. Das Aktionskonzept von Ende Gelände wird vorgestellt, ebenso die speziellen Gegebenheiten vor Ort.

Auch juristische Fragen werden besprochen.

03.05. 18:00 AKTIONSTRAINING // Altes Sportamt

Infoveranstaltung „ENDE GELÄNDE“

endeENDE GELÄNDE! // KOHLE STOPPEN, KLIMA SCHÜTZEN

2016 geht der Abschied von der Kohle weiter: Vattenfall, Eigentümer des Lausitzer Reviers, will sein deutsches Braunkohle-Geschäft loswerden. Die einmalige Chance, Tagebaue und Kraftwerke endlich stillzulegen und zu zeigen, dass ein sozialer und ökologischer Ausstieg aus der Kohle gelingen kann.

Doch Vattenfall will nur verkaufen: Ein neuer Investor soll das zentralistische, klimazerstörerische Energiesystem Jahrzehnte weiterführen.

Wir sagen:

Es reicht! Nicht verkaufen, sondern „Ende Gelände“ für den Kohleabbau!

Wenn Vattenfall in der Lausitz die Tür hinter sich zuschlagen will, um anderen die Drecksarbeit zu überlassen, stellen wir den Fuß dazwischen – und treten der herrschen-

den Klimapolitik auf die Zehen. Denn auf diese Politik können wir weder warten noch vertrauen.

Gemeinsam mit vielen Menschen werden wir an Pfingsten 2016 vom 13.-16. Mai die Kohlebagger stoppen – mit einer großen Aktion zivilen Ungehorsams in der Lausitz!

 

29.04. 18:00 INFOVERANSTALTUNG ZU ENDE GELÄNDE  //  Altes Sportamt

In dieser Veranstaltung wird es um alles von Klimawandel, Kapitalismus und Braunkohleabbau bis zu Anreise, Aktionskonsens und Rechtlichem gehen.