Subkulturen fordern Freiraum in Bremen
Das Alte Sportamt hinter dem Stadion, das Jugendzentrum Friese, die Spedition am Güterbahnhof, das Kurzschluss in der Neustadt, das Zakk, der Verein Kultur im Bunker und das Zuckerwerk – das sind einige der Projekte, die sich nun zu einem Bündnis für Subkultur zusammengeschlossen haben. „Subort Bremen“ nennt sich dieses neue Bündnis, das sich auch für Kultur und Partys ohne Barrieren, ohne Sexismus und Diskriminierung einsetzt. Nun melden sich die Mitglieder des Bündnisses mit einem offenen Brief an Bremens künftige Regierung zu Wort.
Sie fordern mehr und dauerhaft sichere Räume für Kultur und weniger Auflagen von Behörden: „Obwohl der Wert von nicht-kommerziellen Räumen, Sozio- und Subkultur für eine lebendige und lebenswerte Stadt unbestritten ist, sind wir paradoxerweise mit einer ständigen Bedrohung der räumlichen Existenz unserer Projekte konfrontiert“, heißt es im Brief. Vereine wie Zuckerwerk und Kurzschluss sind schon lange auf der Suche nach Räumen. „Die Verdichtung in der Stadt ist hoch, Bremen ist nicht Leipzig, und es ist schwer, einen Raum zu finden“, sagt Bianca Kwiatek, Sprecherin von Subort Bremen.
Doch auch Projekte, die Räume gefunden haben, fühlen sich bedroht: „Es wird mit unseren Räumen auf dem Immobilienmarkt spekuliert“, heißt es im Brief – das münde in unsicheren Mietverhältnissen. „Viele Projekte haben kurze Kündigungsfristen im Mietvertrag und beschneiden sich selbst stark in ihren Möglichkeiten, weil sie Angst haben, Ärger wegen der Lautstärke oder wegen einer größeren Zahl von Besuchern zu bekommen“, sagt Kwiatek. Viele kämpften mit einer Zunahme von Beschwerden und Anzeigen. „Und es fehlen langfristige Perspektiven.“
Zusätzlich führten Auflagen von Behörden dazu, dass Räume in der Stadt oft nur eingeschränkt nutzbar seien. „Zum Teil müssen wir für ein bei den Behörden angemeldetes Festival auf einer offenen Wiese Fluchtwege ausweisen – auch wenn die ganze Wiese ein einziger Fluchtweg ist“, kritisiert Kwiatek. Ein anderes Beispiel: Im Hochbunker an der Berliner Straße finden seit 2011 Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Performances statt. „Die Behörde fordert, dass wir hier eine zweite Toilette einbauen“, sagt Susanne Schimczyk vom Verein Kultur im Bunker. Ein nur scheinbar banales Problem: Diese Auflage, die in der Versammlungsstättenverordnung verankert ist, stellt auch immer wieder kleine Cafés in Bremen vor große Probleme. Die Verordnung schreibt vor: „Versammlungsstätten müssen getrennte Toilettenräume für Damen und Herren haben.“
Mit der Toiletten-Regel rang auch der Verein Kurzschluss, der bis September 2014 im Neustädter Flüsseviertel einen Raum für Kultur und Politik betrieb. „Wir haben schließlich gekündigt, weil es Stress mit Lärmbeschwerden, eine Mieterhöhung und die Auflage einer zweiten Toilette gab“, sagt Lorenz Fritzsche vom Kurzschluss. „Wir konnten dann auch die Miete nicht mehr bezahlen.“ Der Verein hat nun Unterschlupf beim Grünen Zweig – ebenfalls in der Neustadt – gefunden.
„Bei Kultur im Bunker finden Konzerte und andere Veranstaltungen ohne Eintritt und gegen Spende statt, damit alle daran teilhaben können“, sagt Schimczyk. „Um die Miete zu finanzieren, sind für viele Kulturräume die Einnahmen aus Cocktailpartys wichtig“, ergänzt Kwiatek. Doch Partys seien aus Angst vor Lärmbeschwerden oft kaum möglich. Dadurch haben die Projekte, die sich nicht als Kreativwirtschaft, sondern als Kultur verstehen, ein Problem: Sie wollen keine Subventionen, sondern Räume, können unter diesen Umständen die Miete aber schwer aufbringen.
Mehr als 980 Initiativen, Einrichtungen und Einzelpersonen haben den offenen Brief vom Subort-Bündnis inzwischen unterschrieben: Darunter sind die Breminale-Veranstalter von Sternkultur, das Kukoon in der Neustadt, das Jugendhaus Buchte, das BDP-Jugendhaus am Hulsberg und das BDP-Mädchenhaus, der Asta der Uni und der Asta der Hochschule für Künste, die Musikerinitiative Bremen und der Trägerverein der Schwankhalle.
Weser Kurier 13.06. 2015 /