Anarchistische Tage Bremen

06. bis 08. September 2024 im Alten Sportamt

„Wir sind alle verantwortlich für unseren Traum, den Himmel zu stürmen. Wir können uns jetzt nicht in Zwerge verwandeln, nachdem wir, Ellbogen an Ellbogen, jeder den Herzschlag des anderen spürend, davon geträumt haben, die Götter anzugreifen und zu stürzen. Das ist der Traum, der der Macht Angst macht.“ – Alfredo M. Bonanno (R.I.P. – 6.12.2023)

Wir wollen euch am ersten Septemberwochenende 2024 zu den Anarchistischen Tagen Bremen unter dem Motto „Aufständische Perspektiven auf die Klimakatastrophe“ einladen. Unserer Meinung nach sind explizit anarchistische Ideen in unserer Stadt unterrepräsentiert und das Potential für informelle, antiautoritäre Formen des Kampfes und der Organisation wird unterschätzt. Diese Ideen wollen wir versuchen mit diesem Treffen in Bremen besser sicht- und diskutierbar zu machen.

Weltweit finden seit Jahren Kämpfe gegen das zerstörerische System des Kapitalismus, gegen das blinde Rennen in die Klimakrise und für ein selbstbestimmtes Leben statt. Diese Kämpfe geben uns Mut, und dennoch, manchmal erscheint uns die Situation gegen und innerhalb derer wir kämpfen wie ein Abgrund, der uns schnell verzweifeln lassen kann. Aber uns ist auch klar, wir haben keine Zeit für Verzweifelung. Hoffnung ist eine politische, eine kollektive Entscheidung, eine gemeinsame Anstrengung um den Traum von einer wirklich anderen Welt nicht aus den Augen zu verlieren. Lasst uns sie gemeinsam treffen und den Himmel stürmen. Aber genug mit dem Pathos. Was wollen wir eigentlich?

Der Rahmen

Der Rahmen den wir schaffen möchten soll Inputvorträge zu vergangenen und gegenwärtigen Kämpfen und Erfahrungen beinhalten, dabei aber zu Beginn und zum Ende des Wochenendes explizit Raum zur gemeinsamen Diskussion und Reflektion bieten. Daneben wird es bei Café, Bar und Essen auch Platz für informellen Austausch geben. Statt ein möglichst breites Portfolio an Inhalten aufzustellen wollen wir lieber wenige Veranstaltungen, die sich zu einem möglichst kohärenten Ganzen fügen.

Der Inhalt

Auf dem Weg die Anarchistischen Tage zu organisieren haben wir daher auch darüber diskutiert, auf welche Themen wir uns konzentrieren möchten. Mit einem groben „roten Faden“ wollen wir versuchen die einzelnen Workshops und Veranstaltungen zusammen zu verknüpfen und es Teilnehmenden damit ermöglichen an vorherige Diskussionen anzuschließen.

Staat und Kapital haben die Welt buchstäblich an den Rande des Kollaps geführt. Diese Erkenntnis hat in der Vergangenheit und besonders in den letzten Jahren schon unzählige Menschen auf die Straße, auf die Äcker, in die Wälder, in den Schutz der Nacht und in den Widerstand bewegt.

Bewegungen wie FridaysForFuture (FFF), Ende Gelände (EG) und den Waldbesetzungen haben es mit ihren großen Mobilisierungen geschafft den öffentlichen Diskurs zu verändern. Und zwar nicht nur darüber, dass die Klimakrise als Problem angesehen wird, sondern auch in Bezug darauf, was öffentlich als „legitime“ widerständige Aktion angesehen wird. Die Erstürmung des Kraftwerks „Schwarze Pumpe“ 2016 würde heute sicherlich auf einen ganz anderen Rückhalt in der Bevölkerung treffen. Und auch die Sabotage eines Baggers oder einer Pipeline trifft auf mehr Akzeptanz. Im Gegensatz dazu reagiert der Staat naturgemäß mit immer härteren Repressionen und teilweise leider erfolgreichen realpolitischen Befriedigungspolitiken. FFF und EG stoßen mit ihren bisherigen Taktiken an ihre Grenzen. Gleichzeitig bringen uns Nacht- und Nebelaktionen ohne Rückhalt und Öffentlichkeit auch nicht entscheidend voran – oder doch? Liegt unsere Schlagkraft vielleicht in der Diversität der Taktiken? Die Kampagne „Switch Off – the System of Destruction!“ setzt zum Beispiel direkt auf Angriffe und Sabotage gegen das System.

Eins ist klar: Wir müssen raus aus der Defensive. Wir brauchen dringend eine kreative und vor allem offensive Bewegung. Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist aktuell eine der breitesten Bewegungen im deutschsprachigem Raum. Sie besteht aus formellen und informellen Gruppen, Einzelpersonen und Projekten die unzählige Besetzungen, militante klandestine Aktionen und Großmobilisierungen hervorgebracht haben. Wie können wir uns also massenhaft organisieren und dabei trotzdem unsere „Handlungsfähigkeit“ ausbauen? Wie kann ein Zusammenspiel von Kleingruppenaktionen und breiter Mobilisierungen stattfinden? Wie kann uns ein Blick in die Vergangenheit und in andere Bewegungen helfen?  Was können wir da beispielsweise von dem teilweisen erfolgreichen Zusammenspiel während der Anti-AKW-Proteste lernen?

Von den ZAD-Besetzungen in Frankreich, bis zum Hambi, Danni und Lützi, von den Kämpfen der Sámi im Norden bis zu den Kämpfen gegen zerstörerische Großprojekte in Portugal haben wir gesehen, dass territoriale Kämpfe auch in Europa eine wundervoll chaotische und kraftvolle Dynamik entfalten können. Wie aber können wir diese Kämpfe in urbane Lebensräume tragen? Wie können wir angemessen auf die Klimakrise und die damit verbundenen multiplen Krisen des Kapitalismus reagieren? Reicht es einen Baum zu besetzen und Nachts eine Scheibe einzuwerfen? Wie können wir das Kapital und die Herrschenden zur Verantwortung ziehen?

Die Kämpfe ums Klima werden immer dringender. Gleichzeitig verschärft sich die Repression und verengt unsere Handlungsspielräume: Um als Terrorist*innen abgestempelt zu werden reicht es eine Straße zu blockieren. Antifaschistischer Selbstschutz wird wichtiger: Reaktionäre Impulse auf alles was mit „Ökologie“ zu tun hat und rassistische Diskurse gegen Klimamigration bestimmen die vermeintliche Öffentlichkeit. Wie können wir in Zeiten der autoritären Wende, im Zeichen eines europaweit aufstrebenden Faschismus mit unseren Aktionen handlungsfähig bleiben? Wie setzen wir uns gegen immer schärfer werdende Repressionen und Überwachungen zur Wehr? Verengen sich unsere Handlungsspielräume tatsächlich, oder verschieben sie sich nur?

All diese und weitere Fragen wollen wir uns mit euch im September gemeinsam stellen. Mit den Workshops, Skillshares und Veranstaltungen wollen wir uns nicht streng auf die ökologischen Kämpfe beschränken, sondern vielmehr die Fragen aus der konkreten Bewegung heraus in und mit anderen Kontexten gemeinsam diskutieren. Denn der Klimawandel ist nicht nur ein „Ökothema“. Es geht nicht nur um Wälder, fossile Energien und CO2. Es geht um eine herrschaftsfreie und gerechte Welt. Es geht um sichere Fluchtrouten, um Antimilitarismus, um den Kampf gegen koloniale Kontinuitäten, um einen militanten Antifaschismus, um den Kampf gegen das Patriarchat und um eine klare Antistaatlichkeit. Es geht um das gute Leben für Alle.

Call for Content!

Wie können wir dazu beitragen auch in Städten dynamische und chaotische Bewegungen loszutreten, die auf der Initiative von vielen beruhen? Mit welchen neuen Realitäten konfrontiert uns der Klimawandel, auch hier in Bremen und wie können wir darauf reagieren? Was braucht es damit mehr Menschen sich empowert fühlen um gegen die Zerstörung der Erde Hand anzulegen? Wie können wir uns (auch konkret in Bremen) aufeinander beziehen ohne zwangsläufig eine Organisation zu bilden? Unzählige Fragen lassen sich formulieren. Stellt ihr euch vielleicht andere? Dann lasst uns fragend voranschreiten…

Um schon vor dem Wochenende in einen Austausch zu kommen wollen wir dazu aufrufen, euch bereits jetzt schon zu den Fragen Gedanken zu machen. Die eingereichten Textbeiträge wollen wir vor dem Kongress online auf einschlägigen Seiten und in Form einer Broschüre veröffentlichen.

Das genaue Programm steht natürlich noch nicht fest und bildet sich mit euren Gedanken, Texten und Anmerkungen weiter. Also schreibt uns eure Texte und Ideen gerne an unsere E-Mail-Adresse!

Wann und wo?

Die Anarchistischen Tage Bremen werden vom 06.-08. September 2024 im Alten Sportamt stattfinden. Details folgen später, ganz herzlich eingeladen seid ihr alle allerdings jetzt schon!

Für Fragen, Texte und Ideen wendet euch bitte an: a-tage-bremen(at)riseup.net